Stand 03.12.2024
Zum Ende des November sind immer noch einige Blätter an den Bäumen des Renaturierungsbereiches hängen geblieben. Die Herbstsonne zaubert zum letzten Mal in diesem Jahr die goldenen Herbstfsarben hervor. Wolken bilden einen dramatischen Himmelseindruck. Die Strukturen von Fluss und Aue treten dadurch noch etwas deutlicher hervor.
Trotz des derzeit etwas getrübten Wassers zeichnen sich Sand- und Kiesbänke ab. Blänken und Flutmulden führen Wasser, obwohl die Abflüsse derzeit nur wenig mehr als Mittelwasser betragen. Durch die braune Herbstfärbung lassen sich die Auwaldinitiale besonders im Zentrum der Renaturierung sehr gut erkennen.
Stand 22.08.2024
Als Biodiversität bezeichnet man die Vielfalt der Arten, des genetischen Potenzials und der Lebensräume. Durch Lebensraumzerstörung, menschliche Intensivnutzungen und den Klimawandel befinden wir uns in einer weltweiten Biodiversitätskrise. Die Renaturierung von Auen und Fließgewässern kann einen Beitrag zur Verminderung der Biodiversitätskrise leisten. Aber was genau bedeutet das im Falle der Lippe?
Durch den Rückbau der technischen Uferbefestigung der Lippe und die Reaktivierung der eigendynamischen Flussentwicklung entstehen immer wieder aufs Neue typische Strukturen. Dabei kommt es zu einer Ausbildung von vernetzten und vielfältigen Mosaiken typischer Lebensräume. Neben Kies- und Sandbänken, Wasserpflanzenpolstern und ganz unterschiedlichen Strömungsverhältnissen in der fließenden Welle sind auch nicht ständig durchflossene Auengewässer, trockenere Sand- und Kiesbänke, Hochstauden und Auwaldinitiale entstanden. Und das alles in einer außergewöhnlichen Dichte und Ausprägung: ein Flussabschnitt mit bemerkenswerter Biodiversität!
Die Ufer des Hauptgerinnes der Lippe sind an vielen Stellen sehr flach ausgebildet. Kies- und Sandbänke haben sich angelagert, die von Hochstauden und Pioniervegetation besiedelt worden sind. Dazwischen gibt es wassergefüllte Mulden und Senken.
Aber auch in der Aue abseits vom Fluss haben sich in Mulden zahlreiche Tümpel gebildet, die mit Brunnenkresse und Sumpf-Vergißmeinnicht bewachsen sind, eingebettet in artenreiche Hochstauden.
Stand 28.07.2024
Die große Eigendynamik der neuen Lippe hat faszinierende Gewässer- und Auenstrukturen hervorgebracht. Dicht benachbart wechseln sich unterschiedliche Substrate, wie Kiese, Sande, Totholz und Pflanzen, und unterschiedliche Feuchtestufen ab. Ein eng verzahntes Mosaik von typischen Lebensraumstrukturen ist entstanden, das in dieser Perfektion und Schönheit nur durch die Kräfte der Lippe selbst gebildet werden kann.
In der Mitte des Flusses hat sich eine Kiesbank gebildet, während am rechten Ufer eine frische Sandbank angelagert worden ist. Wassertiefen und Strömungsgeschwindigkeiten unterscheiden sich kleinräumig sehr stark.
Am Flussufer im Vordergrund setzt der Blutweiderich farbige Akzente, während im Hintergrund einige Ufergehölze nach Unterspülungen in die Lippe stürzen.
Mitten im Weidenaufwuchs der Aue hat sich durch die Überströmungen der letzten Wochen eine flache Blänke mit einer Sandsohle gebildet.
Stand 11.06.2024
Bei einem erneuten Flug über die Lippe und mithilfe der Aufnahme der Luftbilder werden die strukturellen Veränderungen im Renaturierungsbereich an der Lippe in Sande deutlich. Die Hochwasserabflüsse und die in den letzten Wochen und Monaten immer noch hohen Wasserstände haben eindrucksvolle eigendynamische Veränderungen in dem Flussabschnitt initiiert.
Der Lippeverlauf mit zahlreichen neuen, charakteristischen Lebensraumstrukturen (Blick in Fließrichtung)...
... und flächigem Weiden- und Erlenaufwuchs innerhalb der an den Flusslauf angrenzenden Auenbereiche (Blick gegen Fließrichtung).
Eine große Blänke im nordwestlichen Renaturierungsbereich führt auch bei Niedrig- bis Mittelwasserabflüssen noch Wasser und bietet somit einen wichtigen Lebensraum für beispielsweise Amphibien.
Die im Süden vor einigen Jahren bereits angelegten Blänken sind nun durch die Anbindung an den neuen Lippeverlauf häufig mit Wasser gefüllt. Dort ist so eine wechselfeuchte Flutmulde entstanden.
Durch das Hochwasser am Anfang des Jahres haben sich zahlreiche neue Lebensraumstrukturen ausgebildet. Es hat umfangreiche Uferabbrüche gegeben (rechts im Bild) und die Sand-/Kiesinseln haben sich vergrößert.
Das Schilfgerinne am Ablauf des Lippesees ist nach dem Hochwasserereignis kaum wiederzuerkennen. Unmittelbar unterhalb des Einlaufbereichs hat sich ein großer Kolk gebildet. Dahinter wurde Kies zu einer Insel abgelagert. Feine Schluffe und Sande wurden am südwestlichen Rand des Schilfgerinnes abgelagert und werden bis in die Fließrinne der Lippe weiter getragen.
Stand 06.06.2024
Im Jahr 2014 gelang der erste Nachweis eines Bibers an der oberen Lippe. Das Tier hatte sich in der Lippeseeumflut angesiedelt und bekam kurz darauf Gesellschaft. Die Biber pflanzten sich erfolgreich fort und der Bestand der Tiere wuchs. Inzwischen haben Biber die Lippe bei Marienloh, die Pader, die Alme, den Boker Kanal und verschiedene Abgrabungen in der Lippeaue besiedelt.
Bereits seit 2021 waren auch immer wieder Fraßspuren von Bibern im Bereich der Renaturierung festzustellen. Außerdem gibt es mindestens seit 2023 einen Biberbau in einem Steilufer der neuen Lippe. Nach der Aufstellung von Wildkameras konnte nun geklärt werden, dass die Biber sich offenbar auch im Bereich der Renaturierung erfolgreich fortpflanzen. Biber unterschiedlichen Alters konnten aufgenommen werden.
Als Nahrung für den Winter nutzen die Tiere die dichten Weidenwälder, die in den bereits 2007 angelegten Flutmulden aufgewachsen sind; außerdem den jungen Weidenaufwuchs in der Renaturierung selbst. Im Sommer finden sie reichlich Nahrung in Form von krautigen Pflanzen, wie Brunnenkresse, Uferröhricht usw.
Neben den ganz überwiegend nachtaktiven Bibern kommen im Bereich der Renaturierung auch Nutrias und Bisame vor. Beide Arten wurden vom Menschen eingeführt und werden oft mit Bibern verwechselt.
Ganz typisch ein Biber: sehr kleine Ohren, eine etwas abgerundete Schnauze und dunkle Tasthaare an der Nase.
Zum Vergleich eine Nutria, die quasi nebenan wohnt: große Ohre, helle Tasthaare, stumpfe Schnauze und runder Schwanz.
Stand 10.04.2024
Früh im Jahr sind bereits wieder Weiden-Sandbienen im Renaturierungsbereich aktiv. Sie profitieren zum einen von den Weiden der Flussaue, bei denen sie Pollen einsammeln können. Zum anderen finden sie an vielen Stellen offene und magere Sandflächen. Dort können die Wildbienen ihre Brutröhren graben. Diese führen als Gang bis zu 60 cm tief in den Boden. Der Hauptgang kann mehrere Nebengänge haben, in denen Eier abgelegt werden. Da jedes Weibchen einen eigenen Brutgang anlegt, gehören die Weiden-Sandbienen zu den sog. solitären (einzeln lebenden) Wildbienen.
Als Nahrung für die sich später entwickenden Larven werden mit den langen Haaren der Beine, aber auch am übrigen Körper Pollen an Blüten gesammelt und in die Brutkammern eingetragen. Nachdem alle Brutkammern gefüllt sind, wird der Eingang des Hauptganges durch einen kleinen Sandhaufen verschlossen. Die Larven entwickeln sich schnell, verpuppen sich und überwintern in den Brutkammern. Im März des Folgejahres schlüpft dann die neue Bienengenaration.
Stand 25.03.2024
Eine erste große neue Kiesbank zeigt sich im Ablaufbereich des Lippesees in die neue Lippe. Die ursprüngliche Planung hatte hier eine flache Verbrindungsmulde vorgesehen, in der sich Röhricht entwickeln sollte. Aber die Lippe weist selbst im Ablauf des Sees eine viel größere Dynamik auf als angenommen. Die Flussregenpfeifer, die in Kürze aus ihrem Winterquartier zurückkehren, wird es sicher freuen.
An Gleithängen ist die Strömungsgeschwindigkeit auch bei stärkeren Abflüssen relativ gering. Hier haben sich frische Sandanlandungen gebildet. Solche zungenförmigen Sandanlandungen gibt es in der renaturierten Flussaue an vielen Stellen. Sie bilden zusammen mit Weidenaufwuchs, älteren Anlandungen und Hochstauden ein faszinierendes Lebensraummosaik und eine untrennbare Einheit.
Stand 13.03.2024
Die Abflussmengen der Lippe sind auf ungefähr Mittelwasser zurückgegangen. Während der Pegel Bentfeld um die Jahreswende als höchsten Wert 3,40 m aufgewiesen hat, zeigt er nun ca. 1,45 m an. Und mit dem zurückgegangenen Wasser zeigen sich immer mehr neue Strukturen, die sich eigendynamisch in den letzten Wochen herausgebildet haben.
Große neue Kies- und Sandanlandungen haben sich an den Ufern, aber auch mitten im Fluss gebildet. Diese sind derzeit noch überwiegend unter Wasser. Erst in ein paar Wochen, mit weiter sinkendem Pegel, werden sie in voller Größe zu sehen sein.
Sehr eindrucksvoll sind große Pakete aus Treibholz und Schwemmgut, die sich an einigen Uferabschnitten abgelagert haben. Sie bilden einen idealen Lebensraum für zahlreiche Insektenarten, Kleinsäuger und Pilze. Es wird spannend sein, die weitere Besiedlung zu beobachten.
Am auffälligsten sind aber Uferabbrüche im Bereich von Prallhängen. Dort hat das Wasser mit großer Kraft Boden abgetragen. Lehmbrocken, Sande und ganze Uferpartien mit aufgewachsenen Birkengehölzen sind in den Fluss gekippt. Die steilen Bereiche können nun von Eisvögeln und Uferschwalben besiedelt werden. Die flacheren Wasserwechselbereiche sind potenzielle Lebensräume für Pflanzen, Amphibien und typische Uferinsekten, wie z. B. Uferlaufkäfer und Springwanzen.
Stand 15.02.2024
Immer wieder hat es in den letzten Wochen ergiebig geregnet. Die Abflussmengen in der Lippe sind auf einem hohen Niveau geblieben. Wie sieht es nun im Renaturierungsbereich aus? Gibt es deutliche Veränderungen?
An vielen Uferbereichen haben die Wassermengen der letzten Zeit genagt und Spuren hinterlassen. Es hat Unterspülungen und Abbrüche gegeben. Einige der am Südufer stehenden Birken sind in die Lippe gestürzt. Aber das ist nicht besorgniserregend, sondern ein Zeichen dafür, dass nach der Renaturierung der Fluss wieder eigendynamische Kräfte zurückgewonnen hat. Die frischen Uferabbrüche werden in der kommenden Vegetationsperiode sicher großes Interesse bei Eisvögeln und Uferschwalben auslösen.
Durch das Hochwasser sind an vielen Stellen Baumstämme und Äste in die Renaturierung gespült worden. Diese bilden nun willkommene Lebensraumstrukturen. Totholz und Sturzbäume sind in der neuen Lippe ja immer noch Mangelware,
Im Ablauf aus dem Lippesee sind größere Mengen Kies umgelagert worden. Es wird spannend sein zu beobachten, welche Tiere und Pflanzen sich in diesem dynamischen Lebensraum ansiedeln werden.
Stand 09.01.2024
Am 9. Januar 2024 ist der Pegel der Lippe im Bereich Bentfeld im Vergleich zum Höchststand vom 26.12.23 um ca. 90 cm gesunken. Die Lippe hat sich nach einem kurzen Aufbäumen in den ausgebauten Flussabschnitten wieder in ihr vorgegebenes Flussbett zurückgezogen. In der früheren Aue sind nur noch geringe Reste der überstauten Flächen zurückgeblieben.
Auch im Bereich der Renaturierung ist die Wasserfläche der Lippe nun wieder auf den Bereich der Umgestaltung begrenzt. Dennoch sind die Auswirkungen der Renaturierung deutlich zu erkennen: In den Ausbauabschnitten ist die Lippe einheitlich tief eingeschnitten und nur ca. ca. 20 m breit. DIe Strömung ist gleichbleibend und monoton. In der Renaturierung hat der Fluss in der Sekundäraue stark wechselnde Breiten. Die Strömungsverhältnisse sind kleinräumig sehr unterschiedlich.
Archiv 2023
Stand 28.12.2023
Über die Weihnachtsfeiertage hat sich an der oberen Lippe ein Hochwasser entwickelt, dass zwar noch nicht als dramatisch oder katastrophal zu bewerten ist. Mit einem Pegelwert von ca. 3,42 m am Pegel Bentfeld zählt es aber auf jeden Fall zu den größten Abflüssen der letzten Jahre. Seit dem 27.12. fallen die Pegelwerte zwar wieder. Gänzlich entspannt ist die Lage aber noch längst nicht.
Ab einer Abflussmenge von ca. 38 cbm beginnt in der Lippeseeumflut ein Hochwasserabschlag über den Entlastungsdamm im Osten in den Lippesee. In der Folge fließt bei den derzeitigen Abflussmengen der größere Wasseranteil über den Lippesee und die kleinere Menge über die Umflut ab. Unter der Brücke der B 64 vereinigen sich die beiden Teilströme und fließen zusammen in den Renaturierungsbereich.
Aus der Luft betrachtet fällt auf, dass der Ablauf des Lippesees relativ turbulent und breitflächig strömt. Der Ablauf der Umflut ist deutlich geringer und zeigt weniger Turbulenzen. Die gesamte Fläche der Renaturierung ist überstaut. Das Hochwasser hat sich sogar deutlich über die Sekundäraue hinaus verbreitet. Von den Laufverlängerungen der Lippe im Bereich der Renaturierung ist bei den hohen Abflüssen nichts mehr zu erkennen. Der Fluss strömt in voller Breite durch die Auenlandschaft.
Die Renaturierung der Lippe und ihrer Aue konnte aus Gründen der Flächenverfügbarkeit nur in einem kleinen Teil der ursprünglichen Flussaue duruchgeführt werden. Auf Luft- und Satellitenbildern aus dem Jahr 2023 ist zwischen dem Lippesee und dem Heddinghauser See die Renaturierungsfläche gut zu erkennen. Aufgrund unterschiedlicher Bodenfeuchte und dadurch bedingter Wuchsunterschiede des Getreides lassen sich außerdem zahlreiche frühere Lippeverläufe erkennen. Deutlich wird, in welchem Umfang der Fluss vor den Ausbau- und Regulierungsmaßnahmen durch den Menschen die Landschaft geprägt und geformt hat. Der Mäandergürtel der Lippe erreichte hier ehemals eine Breite bis zu 650 m.
Und bei großen Hochwasserabflüssen erinnert uns die Lippe an die ursprüngliche Ausdehnung ihrer Aue. Im Bereich früherer Flussschlingen liegt das Gelände bis heute etwas tiefer als die Umgebung und bildet mächtige Hochflutrinnen aus.
Ablauf des Lippesees (von unten kommend in der Bildmitte) und Ablauf der Umflut (links im Bild, Fotos vom 26.12.2023).
Stand 20.10.2023
Zum Ende der Vegetationsperiode 2023 lohnt sich noch einmal ein Blick aus der Vogelperspektive auf die Renaturierung. Auf den ersten Blick fällt schon auf, wie grün die Flächen der Aue geworden sind. Aber auch auf der Gewässersohle haben sich in vielen Abschnitten reiche Unterwasserpflanzenbestände ausgebreitet. Nur noch an wenigen Stellen sind noch Spuren der Baumaßnahme zu erkennen.
Der erste große Lippebogen unterhalb der B64 zeigt in weiten Bereichen dichte Unterwasserpflanzenbestände. Eine langgezogene vegetationsarme Mittelinsel zeigt die Dymanik von Anlandungen und Erosion an.
Im Ablauf des Lippesees werden große Sandmengen immer wieder umgelagert. Bisher konnten dort noch keine Pflanzen Fuß fassen.
Stand 31.08.2023
Eisvögel haben aus zwei Gründen von der Renaturierung der Lippe profitiert: Zum einen finden sie ein reiches Nahrungsangebot durch die großen Anzahlen von Elritzen, Drei-stachligen Stichlingen und anderen kleinen Fische. Zum anderen haben sie durch die zahlreichen Uferabbrüche und Steilufer eine gute Auswahl von geeigneten Plätzen für die Anlage ihrer Brutröhren. Zwei bis drei Brutreviere dieser fliegenden Edelsteine waren jeweils in den letzten beiden Jahren in der Renaturierung ausgebildet.
Eisvögel machen in guten Jahren sog. Schachtelbruten. Das Weibchen legt dann in einer neuen Brutröhre bereits die Eier einer zweiten bzw. dritten Brut, bevor die Jungtiere der vorigen Brut vollständig flügge sind. Das Männchen fütterte dann die alte Brut und das brütende Weibchen parallel weiter.
EIn erwachsener Eisvogel frisst ca. 15 - 20 kleine Fische pro Tag. Jungtiere werden mit bis zu 10 Fischen pro Tag gefüttert. Da kommen bei 2 Brutrevieren in einer Saison leicht einige tausend Kleinfische insgesamt zusammen. Wie gut, dass aufgrund der ausgezeichneten Fortpflanzung die neue Lippe mehr als ausreichende Fischbestände aufweist.
Stand 20.08.2023
Immer wieder hat es in der letzten Zeit kräftige Regenschauer gegeben. Das führt dazu, dass große Flächenanteile der Renaturierung regelmäßig überstaut werden. Genau das ist ja auch ein wichtiges Ziel der Maßnahme!
Auf den wechselfeuchten Auenstandorten habe sich äußerst interessante Lebensgemeinschaften angesiedelt. Das Braune Zyperngras ist nur wenige Zentimeter groß und wächst auf schlammigen Rohbodenflächen. Es ist in Westfalen im Bestand gefährdet und bekommt durch die große Eigendynamik der Lippe in der Renaturierung gute Wuchsbedingungen.
Das Große Flohkraut ist auf gut strukturierte, wechselfeuchte Uferstandorte angewiesen. In Nordrhein-Westfalen ist diese Art ebenfalls gefährdet. Im Renaturierungsbereich wächst die sehr hübsche Pflanze gleich an mehreren Stellen.
Zahlreiche Grünfrösche haben die verschiedenen Blänken und Mulden ebenfalls besiedelt. Sie finden in der Vegetation Versteckmöglichkeiten, können in den warmen und seichten Flutmulden laichen, und die großen Mengen von Insekten bieten reiche Nahrung.
Die Reanturierung weist aber auch zahlreiche sandige und trockene Standorte auf, an denen Spezialisten zuhause sind. An den flachen Uferböschungen wachsen typische Heiderelikte wie das Silbergras und die Heidenelke. Auf dem Boden dazwischen jagen Dünen-Sandlaufkäfer, die mit ihren großen Facettenaugen alle Bewegungen möglicher Beutetiere registrieren.
Im Übergang zum beweideten Grünland wächst das filigrane Tausengüldenkraut, das mit seinen kleinen Blüten zarte Farbtupfer bildet.
Alle diese Arten fehlen außerhalb von Schutzgebieten und Renaturierungen in unserer sonst so intensiv genutzten Kulturlandschaft. Durch die Renaturierungsmaßnahme haben sie ein neues Zuhause erhalten.
Stand 18.07.2023
Der Sommer hat die Hochstauden in der Lipperenaturierung zur vollen Blüte gebracht. Wasserdost, Geflügelte Braunwurz, Wasser-Minze, Ufer-Wolfstrapp und v. a. der Blutweiderich bilden dichte Bestände in den wechselfeuchten Auenbereichen. Die Luft schwirrt vom Summen der Bienen und Hummeln. Ein intensiver, erdiger Blütenduft liegt über der Landschaft.
Der Blutweiderich ist eine besonders ergiebige Nektarpflanze. Seine rosa-violetten Blütenstände sind beliebt bei vielen nektarsaugenden Insekten. Außerdem kann eine einzelne Blutweiderich-Pflanze bis zu 3 Millionen Samen produzieren, die für eine schnelle Ausbreitung auf feuchten Böden sorgen. Eine ideale Voraussetzung für die Besiedlung weiter Teile der Renaturierung.
Seinen Namen hat der Blutweiderich übrigen nicht wegen seiner Farbe bekommen, sondern weil man ihn früher als blutungsstillendes Mittel verwendet hat.
Stand 22.06.2023
In Westfalen war der Kiebitz früher ein Charaktervogel der feuchten Wiesen und Weiden. Auch in der Lippeaue war er häufig anzutreffen. Seine typischen Rufe und seine wilden Flugmanöver im Frühjahr prägten die Auenlandschaft.
Durch den drastischen Verlust von Feuchtgrünland und aufgrund der oftmals sehr starken Nutzungsintensivierung der noch verbliebenen Wiesen und Weiden hat der Kiebitz in den vergangenen Jahrzehnten die meisten Lebensräume verloren. Ein Umstieg der Art auf Ackerstandorte ist nur eingeschränkt erfolgreich verlaufen, da dort viele Bruten letztlich nicht erfolgreich sind. In der Folge sind die Kiebitzbestände landesweit erschreckend stark eingebrochen. Einige Regionen werden von der Art bereits überhaupt nicht mehr besiedelt.
Umso erfreulicher ist es, dass Kiebitze auch im Jahr 2023 wieder mit mehreren Brutpaaren die Lipperenaturierung besiedeln. Sie nutzen dort die lückigen Vegetationsbestände als Deckung für die Neststandorte, brüten als kleine Kolonie gut geschützt vor Beutegreifern und verteidigen sich bei Bedarf gemeinsam gegen Rabenkrähen und Elstern, die versuchen, Eier und Jungvögel zu erbeuten.
Deshalb konnten auch in diesem Jahr wieder einige Jungtiere schlüpfen und heranwachsen. Sie werden von den Eltern gut bewacht, müssen sich aber vollkommen selbstständig um die Nahrungssuche kümmern. Im Bereich der ausgedehnten Wasserwechselzonen finden die kleinen Kiebitze ein reiches Nahrungsangebot. Und die im Gebiet über den Sommer weidenden Rinder sorgen dafür, dass es auch bei zunehmender Vegetationsdichte immer einige offene Teilflächen gibt. Dort können auch die jungen Kiebitze gut laufen und Nahrung jagen.
Stand 31.05.2023
Die Lippe unterhalb Sande war vor dem Maßnahmenbeginn durch Steinschüttungen im Bereich der Ufer und der Sohle vollständig verbaut und festgelegt. Ein wichtiges Ziel der Renaturierung ist es, durch die Entfernung der früheren Uferbefestigungen dem Fluss seine ursprüngliche Eigendynamik wiederzugeben. Aber was bedeutet das eigentlich: Eigendynamik?
Natürliche Gewässer sind u. a. dadurch gekennzeichnet, dass durch die Kraft des Wassers ständige Veränderungen im Fluss und in der Aue stattfinden. Kies- und Sandablagerungen entstehen neu und werden wieder abgetragen. Tiefe Kolke werden ausgespült. Im Bereich von Gleitufern wird Sediment abgelagert, während an Steilufern Auensedimente abgetragen werden. Diese Prozesse sind im Bereich der Lippe-Renaturierung ganz gezielt gefördert worden, weil sie Voraussetzung für die Bildung von Lebensräumen typischer Tier- und Pflanzenarten sind. Flussregenpfeifer benötigen z. B. flache und offene Sedimentbänke. Eisvögel und Uferschwalben legen ihre Brutröhren in Steilufern an.
Im Renaturierungsbereich entstehen u. a. ständig neue Steilufer. Es lässt sich ohne Vermessungen aber nur schwer abschätzen, wie stark diese Veränderungen wirklich sind. Ein gutes Hilfsmittel für solche Auswertungen sind hochauflösende Luftbilder, wie sie für den Renaturierungsbereich in regelmäßigen Abständen angefertigt worden sind. Diese Luftbilder lassen sich in Geoinformationssystemen koordinatengerecht entzerren und überlagern. So wird deutlich, wie stark sich bestimmte Uferpartien verändert haben.
An drei Uferabschnitten lässt sich durch den Vergleich der Luftbilder von 2021 und 2023 zeigen, dass in Prallhangbereichen die Böschungen um bis zu 3 m von der Lippe abgetragen worden sind. Das ist jeweils auf einer Länge von ca. 30 bis 60 m zu beobachten. Dabei werden auch Wurzeln von ca. 20jährigen Birken unterspült, so dass die Bäume letztlich in den Fluss stürzen. Diese Prozesse zeigen an, dass die Enfesselung der Lippe erfolgreich gewesen ist.
Stand 14.05.2023
Kanadagänse führen jetzt Junge in der Lipperenaturierung. Sie nutzen die guten Deckungs- und Versteckmöglichkeiten im Jungwuchs von Erlen und Weiden. Hier sind die Gössel gut gegen Angriffe von Greifvögeln geschützt. Aber sie führen die Kleinen auch in offenere Teilflächen. Dort wachsen schmackhafte Pflanzen wie Wasser-Ehrenpreis und Wasserminze. Besonders die noch kleinen Küken bleiben dabei dicht zusammen.
Kanadagänse kommen ursprüglich aus Nordamerika. Sie wurden in Europa teilweise gezielt ausgesetzt. Häufig sind aber auch Tiere aus der Gefangenschaft geflohen und haben sich in Mitteleuropa angesiedelt und ausgebreitet. Sie gehören somit zu den sog. Neozoen (neu angesiedelten Tieren). In Nordrhein-Westfalen leben heute ca. 6.500 bis 10.000 Tiere. Kanadagänse werden bejagt. In den letzten Jahren sind in NRW ca. 6.500 Tiere pro Jahr geschossen worden. Vielerorts werden sie aufgrund ihrer Fraßschäden auf landwirtschaftlichen Nutzflächen intensiv verfolgt.
In den nächsten Wochen und Monaten können die jungen Gänse in der Renaturierung ungestört aufwachsen. Und großen Schaden durch ihr Fressen können sie dort nicht anrichten.
Stand 17.04.2023
Die Abflussmengen in der Lippe sind am Pegel Bentfeld mittlerweile auf Mittelwasser zurückgegangen. Das bedeutet, dass der Wasserspeigel der Lippe noch ungefähr 40 cm höher als bei Niedrigwasserabflüssen liegt. Diese Bedingungen bieten eine gute Gelegenheit, erneut eine flächendeckende Szene von Senkrechtluftbildern von dem Renaturierungsbereich zu erstellen. Diese kann dann mit früheren Luftbildszenen bei Niedrigwasserabflüssen verglichen werden. Dadurch lässt sich z. B. ermitteln, welche Teilflächen der Flussaue bei Mittelwasser überstaut, aber bei Niedrigwasser bereits trocken gefallen sind.
Außerdem lassen sich in den hochauflösenden Luftbildern viele strukturelle Details erkennen. Das hilt uns bei der Beantwortung der Fragen: Wie hat sich die neue Lippe über den letzten Winter eigendynamisch weiter verändert? Gibt es nach wie vor diese faszinierende Vielfalt von Gewässerstrukturen?
Stand 09.04.2023
Die Abflussmengen in der Lippe liegen immer noch deutlich über Mittelwasser. Das hat zur Folge, dass weite Teilflächen der Gewässeraue nach wie vor mit Wasser überstaut sind. Das ist keineswegs bedenklich. Ganz im Gegenteil sind ausreichend Wasser und lange Überstauungszeiten die wichtigste Voraussetzung für eine naturnahe Auenentwicklung. Daran haben sich auch die typischen Tier- und Pflanzenarten angepasst.
Nach den langen Wintermonaten kommen nun nach und nach zahlreiche Vogelarten als Durchzügler oder Brutvögel in den Renaturierungsbereich zurück. Mindestens zwei Kiebitzpaare haben dort Reviere gebildet. Vier bis fünf Flussregenpfeiferpaare bereiten sich ebenfalls auf die Brutsaison vor und führen erste Balzflüge durch. Einige Waldwasserläufer halten sich schon längere Zeit im Gebiet auf. Für die Watvögel sind bisher wegen der hohen Wasserstände nur wenige Kies- und Sandbänke verfügbar.
Als neue Art konnte eine Rostgans beobachtet werden. Rostgänse kommen eigentlich nicht in Mitteleuropa vor. Nach der Flucht aus Volieren und Tierparks haben sich aber kleine stabile Brutkolonien dieser Neubürger (Neozoen) auch in Nordrhein-Westfalen gebildet. Es ist anzunehmen, dass die beobachtete Rostgans aus diesen Populationen im Ruhrgebiet oder Rheinland stammt. Die Art breitet sich offenbar weiter aus.
Ende März und Anfang April konnte Michael Bellinghausen einen erfolgreich jagenden Fischadler im Renaturierngsbereich beobachten (Quelle: Meldeplattform der Biologischen Station Paderborn-Senne). Fischadler nutzen die Lippeaue regelmäßig als Leitachse auf ihrem Zug. Der beobachtete Adler konnte offenbar von dem Fischreichtum der neuen Lippe profitieren.
Stand 04.03.2023
Nach den Regenfällen der letzten Wochen zeigte sich das Wetter ein paar Tage von seiner sonnigen Seite. Eine gute Gelegenheit, sich die Renaturierung der Lippe einmal wieder aus der Luft anzusehen.
Durch die Eigendynamik des Flusse sind offenbar besonders Sande transportiert und umgelagert worden. Der Grund dafür dürfte das Ausbleiben größerer Winterhochwässer mit größeren Schleppkräften sein, die auch Kiese in stärkerem Umfang bewegt hätten. Die kleineren und leichteren Sande dagegen können schon bei geringeren Schleppkräften des Wassers mobilisiert werden.
Links oben im Bild ist der Ablauf des Lippesees mit dem anschließenden Bereich des sog. Schilfgerinnes zu sehen. Das Wasser aus dem Lippesee ist klarer als das durch Schwebstoffe getrübte Flusswasser der Lippe.
Neue große Sandpackungen sind in der Aue abgelagert worden. Mulden und Senken der Aue werden überströmt.
Stand 05.02.2023
Im April 2021 wurden die Renaturierungsarbeiten abgeschlossen. Die neue Lippe und ihre Lebensgemeinschaften konnten sich seitdem eigendynamisch entwickeln. Allerdings sind die Veränderungen durch den Klimawandel auch bei der Lippe deutlich zu spüren. Das Jahr 2022 war insgesamt wieder zu trocken. Besonders über das Sommerhalbjahr hinweg gab es fast ausschließlich nur sehr geringe Abflussmengen in der Lippe.
Wie kommen beispielsweise die Äschen, die ja turbulentes und sauerstoffreiches Wasser benötigen, mit solchen langen Trockenphasen klar? Sind die Maßnahmenziele vielleicht sogar gefährdet? Im Jahr 2022 wurde eine erste Erfolgskontrolle der Lipperenaturierung durchgeführt. Dabei wurde auch die Fischfauna mit standardisierten Erfassungsmethoden untersucht. Nachfolgend werden die Ergebnisse für die Äsche kurz erläutert.
Die Auswertung der Pegeldaten Bentfeld zeigen besonders für den Zeitraum Juli bis November die nur sehr geringen Abflussmengen der Lippe. Die dann folgende Grafik zeigt die mittels Elektrobefischung nachgewiesenen Individuenzahlen der Äsche je 100 m Probestreckenlänge. Dabei geben die blauen Anteile der Säulen den Anteil der schon älteren oder erwachsenen Tiere an. Die grünen Anteile der Säulen stehen für den Anteil der nachgewiesenen Jungfische.
Deutlich wird, dass die schon im Jahr 2005 in Betrieb genommene Lippeseeumflut zusammen mit der neuen Renaturierung unterhalb Sande eine sehr große Bedeutung für die Äschenpopulation hat. Die besonders großen grünen Säulenanteile zeigen, dass die in eigendynamischer Entwicklung befindliche Lippeseeumflut und die neue Renaturierung regelrechte Kinderstuben für die Äsche sind. Die Tiere finden hier optimale Laich- und Aufwuchsbereiche.
Trotz der über weite Strecken sehr niedrigen Abflüsse haben die Äschen offenbar die für die jeweiligen Entwicklungsstadien erforderlichen Lebensraumstrukturen gefunden. Dabei handelt es sich v. a. um flach überströmte Kiesbänke, tiefere Pools und Rinnen mit guten Wasserpflanzenbeständen für die älteren Äschen.
Das Beispiel der Äsche zeigt, dass die Renaturierung die Lebensgemeinschaft der Lippe widerstandsfähiger gemacht hat.
Stand 05.01.2023
Einige Zwergtaucher halten sich derzeit als Wintergäste auf der renaturierten Lippe auf. Sie fangen dort Kleinfische und Insektenlarven. Da sie gerne auch ufernah unter Baumwurzeln und Sturzbäumen jagen, erbeuten sie sehr häufig Dreistachlige Stichlinge, die dort Schutz suchen.
Zwergtaucher benötigen zur Brutzeit strukturreiche Still- und Fließgewässer, die mit Wasserpflanzen, Verlandungszonen und Ufergehölzen gute Jagd- und Deckungsmöglichkeiten bieten. Die Lippe unterhalb Sande ist auf dem besten Weg, zukünftig Zwergtauchern nicht nur Nahrung im Winter, sondern auch Brutmöglichkeiten im Sommer zu bieten.
Archiv 2022
Stand 29.11.2022
Im Jahr 2016 wurden als Vorbereitung auf die geplante Renaturierung einige Standorte für Fotos mittels GPS eingemessen und bildlich dokumentiert. Genau diese Standorte wurden im Sommer 2022 wieder aufgesucht. Auch zukünftig besteht so die Gelegenheit, weitere Veränderungen festhalten zu können.
Die nachfolgende Bildauswahl für zwei Fotostandorte zeigt, wie weitgehend die Verändnerungen durch die Renaturierung der Lippe sind. Über Jahrzehnte war der Fluss technisch ausgebaut und zwischen Steinschüttungen festgelegt. Durch die Renaturierung sind nicht nur die Ufer entfesselt worden. Die Initialgestaltung hat eine erhebliche Laufverlängerung bewirkt. Teile der früheren Flussaue wurden reaktiviert.
Und plötzlich ist da wieder ein dynamischer, kiesgeprägter Fluss!
Der Fotoplatz 6 zeigt 2016 (oberes Foto) am rechten Bildrand Ufergehölze der ausgebauten Lippe. Links sind eine der später umgepflanzten Kopfweiden und im Hintergrund Birkengehölze zu sehen. Im Vordergrund erstreckt sich eine gräserdominierte Hochstaude. Im Jahr 2022 (unteres Foto) haben sich in der Sekundäraue der Lippe Nebenrinnen und Kiesbänke entwickelt. Das Geländeniveau liegt nach der Maßnahmenumsetzung ca. 1,5 m tiefer. Im Hintergrund sind an der steilen Abbruchkante bereits zahlreiche Birken in den Fluss gestürzt. Blütenreiche Hochstauden haben den neuen Standort besiedelt.
Der Fotoplatz 10 zeigt im Vergleich der Jahre 2016 (oberes Foto) und 2022 (unteres Foto) eine ähnliche Entwicklung.
Stand 22.10.2022
Klares Wasser, bunte Farben, in der Strömung flottierende Wasserpflanzen in dichten Beständen - so könnte ein Traum von einem Tauchurlaub in tropischen Gewässern aussehen. Aber was hat das mit der Lipperenaturierung in Sande zu tun? Sieht es dort nach einem wiederum überdurchschnittlich trockenen und heißen Sommer nicht eher trostlos und langweilig aus?
Tauchen wir einmal mehr ein in die Unterwasserwelt der Lipperenaturierung. Verschiedene moderne Kameras erschließen uns spannende Perspektiven.
Eine Splitlevel-Aufnahme zeigt über Wasser die Abbruchkante eines Steilufers. Darunter wird eine große Kiesbank flach und turbulent überströmt.
Vor einem anderen Steilufer hat die Lippe eine Kiesbank abgelagert, die zur Flussmitte hin in eine Tiefenzone übergeht.
Hier sind lehmige Brocken vom Steilufer in den Fluss gestürzt. Wasser-Ehrenpreis und Moose siedeln sich dort an.
Hier geht es richtig turbulent zu. Kamm-Laichkraut krallt sich mit den Wurzeln in der Kiessohle fest. Die langen Stengelsprosse sind in einer permanenten Wellenbewegung.
Je nach Fließgeschwindigkeit und Strömung lagert sich Sand oder Kies ab. Alles wird immer wieder umgelagert.
Stand 20.09.2022
Auf dem Zug von den Brutgebieten in die Überwinterungsregionen machen derzeit wieder einige interessante Watvogelarten Station im Bereich der renaturierten Lippe. Erfreulich ist dabei, dass gleich mehrere Arten das gute Nahrungsangebot ausnutzen und auf dem Zwischenstopp einmal richtig "volltanken".
Zu beobachten sind derzeit folgende Arten:
- Kiebitz
- Kampfläufer
- Flussuferläufer
- Bekassine
- Grünschenkel
- Bruchwasserläufer
- Waldwasserläufer
- Alpenstrandläufer
- Sichelstrandläufer
- Sanderling
Alle diese Arten haben etwas unterschiedliche Lebensraumansprüche und Spezialisierungen, wie verschiedene Bein- und Schnabellängen, gebogene oder gerade Schnäbel. Dadurch sind sie jeweils perfekt an die artspezifischen Umweltbedingungen angepasst. Dass so viele Arten parallel im Bereich der Renaturierung vorkommen, zeigt eindrucksvoll die außergewöhnliche Vielfalt der neuen Lippe.
Stand 25.08.2022
Seit Wochen herrschen in der Lippe Niedrigwasserabflüsse vor. Es hat in der Region viel zu wenig geregnet. Gleichzeitig gab es lange Phasen mit ungewöhnlich hohen Temperaturen. Ursache ist dafür der vom Menschen zu verantwortende Klimawandel. Die meisten Wissenschaftler sind sich einig, dass Dürrephänomene und Hitzeperioden zukünftig noch stark zunehmen werden.
Was können Gewässerrenaturierungen bewirken, wenn das Wasser immer weniger wird? Lohnen sich solche Maßnahmen überhaupt noch?
Das Beispiel der Lipperenaturierung unterhalb Sande zeigt, dass solche Maßnahmen sinnvoll und gerade in den Zeiten des Klimawandels besonders notwendig sind.
Zum einen wurde bei der Umgestaltung die Sohle der früher tief eingeschnittenen Lippe wieder um bis zu 1,3 m angehoben. Das hat sehr positive Auswirkungen auf den Grundwasserstand im Umfeld der Lippe. Der Grundwasserspiegel senkt sich in Dürreperioden weniger stark ab. Wasser bleibt besser pflanzenverfügbar, nicht zuletzt auch für landwirtschaftliche Kulturen.
Zum anderen wurde eine Sekundäraue mit einer eigendynamischen Lippe initiiert. Das führte dazu, dass sich eine Vielzahl von Flutmulden, Senken und Auengewässern entwickeln konnte. Diese Gewässer werden durch die Kraft der Lippe ständig verändert. Sie verlanden und entstehen immer wieder neu. Vor allem aber bieten sie auch während der Niedrigwasserzeiten wertvolle Auenlebensräume für typische Tier- und Pflanzenarten.
Die Lebensgemeinschaft von Fluss und Aue ist nach der Renaturierung stabiler und widerstandsfähiger gegen Dürreauswirkungen geworden. Das bezeichnet man auch als Resilienz.
Natürlich hat alles seine Grenzen: Bleibt der Regen im Einzugsgebiet komplett aus, kann auch ein renaturierter Fluss schweren Schaden erleiden. Deshalb müssen zusätzlich zu weit reichenden Gewässerrenaturierungen auch alle Maßnahmen getroffen werden, die Klimaerwärmung wirksam zu begrenzen.
Hier lag früher ein Abschnitt der ausgebauten Lippe. Heute haben sich wertvolle Auengewässer entwickelt.
Wasserwechselzonen und Auenvernetzung in Perfektion. Das schafft kein Bagger. Das kann nur die Lippe selbst!
Stand 25.07.2022
Am 4.7.2022 wurde im Renaturierungsbereich und in ausgewählten Abschnitten der Lippe ober- und unterhalb eine Untersuchung der Fischfauna mittels Elektrobefischung durchgeführt. Dabei wird von speziell ausgebildeten Fachleuten im Wasser ein elektrisches Feld erzeugt. Fische innerhalb dieses Feldes fallen kurzzeitig in eine Elektronarkose. Sie können gezählt, die Artzugehörigkeit bestimmt und vermessen werden.
Nach der Renaturierung haben sich in einigen Bereichen durch die eigendynamische Entwicklung des Flusses flach überströmte Kiesbänke, Kolke und vielfältige Strömungen entwickelt. Diese Bedingungen unterscheiden sich extrem von den Verhältnissen in der ausgebauten Lippe vor Durchführung der Maßnahmen. Wie kommen die Fische mit den neuen Lebensbedingungen klar? Am Beispiel der Probestelle 4 sollen dazu erste Ergebnisse erläutert werden.
Die Probestelle liegt im westlichen Renaturierungsbereich, etwas oberhalb der Sohlgleite, die den Maßnahmenbereich nach Westen begrenzt. Bei den zur Untersuchungszeit vorherrschenden Niedrigwasserabflüssen waren die ausgebildeten Kiesbänke zum Teil nur sehr flach überströmt. Der Bereich konnte deshalb teilweise nur watend untersucht werden. Eine Befahrung mit einem Arbeitsboot war nicht möglich.
Die Probestelle 4 gehört nicht zu den jeweils 300 m langen Untersuchungsstrecken, die mit standardisierten Methoden befischt wurden, um in verschiedenen Jahren reproduzierbare Ergebnisse miteinander vergleichen zu können. Sie wurde aufgrund der speziellen Strukturen zusätzlich untersucht, um zu überprüfen, welche Fische mit diesen ganz besonderen Lebensraumverhältnissen klar kommen.
Insgesamt konnten 12 Fischarten nachgewiesen werden. Die größten Individuenzahlen erreichten die Koppe (176 Tiere), der Dreistachlige Stichling (126 Tiere), die Äsche (61 Tiere) und der Hasel (45 Tiere). Aber auch Elritzen, Bachneunaugen und ein Lachs (aus dem Vorjahresbesatz) besiedeln diese extremen Lebensräume. Dabei sind es vor allem Jungtiere, die sich nach dem Ablaichen der Elterntiere auf den Kiesbänken entwickeln konnten.
Die Untersuchung der ca. 200 m langen Probestrecke 4 zeigt, dass die typischen Fischarten der kiesgeprägten Lippe sich im Renaturierungsbereich erfolgreich reproduzieren können. Die starken eigendynamischen Veränderungen fördern in besonderer Weise die typische Fischlebensgemeinschaft.
Mit standardisierten Methoden wurden ferner zwei jeweils 300 m lange Probestrecken in der Renaturierung untersucht. Dabei wurden zwar alle vorkommenden Fische registriert. Hier soll aber nur eine Ergebnisauswahl wiedergegeben werden.
In der Probestrecke 1564_01 wurden 221 Äschen, 475 Koppen und 19 Bachforellen gefangen. In der Probestrecke 1564_02 waren es 37 Äschen, 420 Koppen und 36 Bachforellen. Bei allen drei Arten wurden Tiere unterschiedlicher Größenklassen gefangen. Besonders bei den Äschen waren es aber vorwiegend diesjährige Jungtiere.
Die Ergebnisse zeigen, dass die drei ausgewählten, für die obere Lippe typischen Arten die Renaturierung bereits gut besiedelt haben und zur Reproduktion nutzen.
Stand 13.07.2022
Am 2. Juli 2022 wurde erneut eine Drohnenbefliegung des Renaturierungsbereiches durchgeführt. Ziel war die Erstellung eines hochauflösenden Senkrechtluftbildes zur Dokumentation der Entwicklung.
Dazu wurden entlang einer zuvor exakt geplanten Flugroute ca. 500 einzelne Fotos aus einer Höhe von 100 m über Grund aufgenommen. Alle Fotos wiesen zueinander eine Überlappung von 80 % auf. Mit einem speziellen Programm wurden die Einzelfotos zu einem nahtlosen und hochauflösenden Senkrechtpanorama zusammengesetzt. Dieses wurde anschließend entzerrt und für den Einsatz im Geoinformationssysten georeferenziert. Dadurch wird ein direkter Vergleich mit einer vor ca. einem Jahr aufgenommenen Luftbildszene möglich.
Nachstehend wird eine für das Internet aufbereitete Verkleinerung der im Original ca. 1,7 x 1 m großen Luftbildszene wiedergegeben. Auch in der starken Verkleinerung wird deutlich, welche faszinierende Struktur- und Formenvielfalt durch die eigendynamische Entwicklung von Fluss und Aue in der Renaturierung vorhanden ist.
Stand 04.07.2022
Im Renaturierungsbereich haben sich großflächig wechselfeuchte Standorte entwickelt. Je nach Abflussmenge und Wasserständen werden unterschiedliche Teilflächen von der Lippe selbst und den entstandenen Auengewässern überstaut. An solche Lebensbedingungen haben sich auch zahlreiche Pflanzenarten angepasst. Eine dieser Arten ist der Blutweiderich.
Wie viele Sumpfpflanzen hat der Blutweiderich in den Wurzeln ein spezielles Durchlüftungsgewebe, das auch für eine ausreichende Sauerstoffversorgung sorgt, wenn die Pflanze teilweise überstaut wird. Die Pflanzen tragen zahlreiche, besonders farbenprächtige Blütenstengel, die mit ihrem Nektar- und Pollenvorrat bei vielen Insektenarten sehr beliebt sind. Früher wurden Teile der Pflanzen zur Imprägnierung von Segeln und Holz zum Schutz vor dem Verfaulen genutzt.
Auch die Blüten der Wasser-Minze werden von zahlreichen Insekten besucht. Die Pflanzen sind in der Lage, sehr schnell neu entstandene Sandbänke zu besiedeln und weite Ausläufer zu bilden.
Die Geflügelte Braunwurz wird leicht übersehen. In Sachen Blütenstand ist sie das genaue Gegenteil des Blutweiderichs: Die Blüten sind sehr klein und unauffällig. Markant aber ist der scharfkantig geflügelte Stengel, der namensgebend ist.
Die kleinen Blüten werden meistens von speziellen Wespen- und kleinen Wildbienenarten bestäubt. Für Hummeln und Honigbienen haben sie dagegen kaum Bedeutung.
In der Renaturierung wächst die Geflügelte Braunwurz an vielen Stellen, oft direkt an der Mittelwasserlinie. Interessant ist noch, dass die krautige Pflanze über den Winter erhalten bleibt, sofern sie nicht durch Hochwasserabflüsse weggespült wird.
Stand 18.06.2022
Auch in diesem Jahr haben wieder 8 bis 10 Brutpaare von Flussregenpfeifern in der Renaturierungsfläche Reviere gebildet. Bei solch einer dichten Besiedlung kommt es immer wieder zu Aggressionen und Streit um die besten Brutplätze. Und obwohl so ein kleiner Fluppi bei der Nahrungssuche schnell und eher unscheinbar auf den Kies- und Sandbänken herumwuselt, kann er aus dem Stand zu einer wilden Verfolgungsjagd abheben, wenn ein Nachbar zu nahe kommt.
Warum können die Flussregenpfeifer eigentlich so zahlreich die Lipperenaturierung besiedeln?
Natürlich sind die Kies- und Sandbänke äußerst attraktiv als Balz- und Brutstandorte. Besonders wichtig ist aber auch die gute Nahrungsverfügbarkeit. In den Lücken zwischen Kieseln finden sich Uferlaufkäfer, Springwanzen, Tanzfliegen, kleine Krebschen und Würmer. Und im feinen Sediment der Schlammflächen siedeln zigtausende leckere Zuckmückenlarven. Innerhalb von 2 Minuten hatte ein Flussregenpfeifer mindestens 8 Zuckmückenlarven oder Schlammröhrenwürmer aus dem Boden gezogen.
In welchen großen Mengen Zuckmücken, die übrigens keine Blutsauger und für dem Menschen völlig ungefährlich sind, an der Lippe vorkommen, zeigt das Foto von balzenden Zuckmücken in den angrenzenden Wiesen. Die erwachsenen Tiere versammeln sich zu solchen Hochzeitsschwärmen. Nach der Balz und Kopulation legen die Weibchen dann Eier in der Lippe ab, aus denen sich die nächste Generation von Zuckmücken entwickelt.
Spektakulär ist die Balz der Flussregenpfeifer. Sobald ein Paar sich gefunden und einen geeigneten Neststandort ausgeguckt hat, wird dort das Revierzentrum gegenüber möglichen Rivalen markiert. Dabei verhalten sich die Tiere durch Flügel- und Federnspreizen auffällig. Eine Nestmulde wird im kiesigen Boden ausgeformt. Steine werden mit Füßen und Schnabel weggestoßen.
Dann versucht das Männchen erste vorsichtige Annäherungen an das Weibchen. Beide laufen dabei oft stundenlang mit schnellen Trippelschritten über Kies- und Sandbänke. Sobald das Weibchen jedoch stehen bleibt, nähert sich das Männchen von hinten mit einem regelrechten Stechschritt an. Dieser wird immer intensiver, je näher das Männchen an das Weibchen kommt.
Zuletzt tritt das Männchen zur Stimulation heftig von unten gegen die Kloake des Weibchens. Schließlich springt das Männchen auf das sich duckende Weibchen auf. Die Kopulation erfolgt. Diese dauert nur wenige Sekunden.
Stand 11.06.2022
Bei besten Sicht- und Wetterbedingungen konnten am 11.06.2022 mittels Drohnenbefliegung einige Aufnahmen des Renaturierungsbereiches angefertigt werden. Die Bilder entstanden aus verschiedenen Flughöhen und Perspektiven. Sie zeigen die weiter vorangeschrittene eigendynamische Entwicklung der neuen Lippe und die enge Verzahnung mit der Flussaue.
Stand 21.05.2022
Schon seit ein paar Wochen sind immer mal wieder ein oder zwei Nonnengänse im Renaturierungsbereich zu beobachten. Nonnen- oder Weißwangengänse sind ähnlich wie Kanadagänse durch schwarz-weiße Kontraste und Graustufen in ihrem Federkleid gekennzeichnet. Nonnengänse sind aber sehr viel kleiner als Kanadagänse. Sie wirken im Vergleich auch durch ihren kurzen Schnabel regelrecht zierlich.
Ursprünglich brüteten Nonnengänse ausschließlcih an der russischen Eismeerküste und kamen bei uns und in den Niederlanden im Winter in großen Schwärmen an den Küsten vor. Seit ca. 40 Jahren dehnen die Nonnengänse ihr Brutgebiet aber aus. Inzwischen haben sie sogar schon den mitteleuropäischen Ostseeraum besiedelt. Regelmäßig kommen Nonnengänse inzwischen zur Überwinterung ins deutsche Binnenland. Dabei sind Flußauen und Feuchtgebiete die wichtigsten Überwinterungslebensräume.
Beobachtungen von Nonnengänsen im Binnenland spät im Mai sind eigentlich eher die Ausnahme. Vielleicht zeigt sich bereits eine weitere Ausbreitung dieser interessanten Gänseart.
Stand 11.05.2022
Sehr lange, grüne Beine und relativ langer Schnabel: Grünschenkel gehören zu den Watvogelarten, die bei der Nahrungssuche auch in etwas tieferes Wasser gehen können. Im Renaturierungsbereich der Lippe halten sich während des Frühjahreszuges Grünschenkel einzeln oder in kleinen Gruppen auf. Sie baden, ruhen und fressen. Dabei profitieren sie von dem reichen Angebot an Larven, Würmern und Schnecken. Sie jagen aber durchaus auch kleine Fische in Ufernähe.
Schon in wenigen Tagen werden die Grünschenkel weiterziehen in ihre Brutgebiete in den Tundren Skandinaviens und Sibiriens. Dabei bleiben die Weibchen mesitens noch etwas länger an ergiebigen Raststellen, während die Männchen schneller in die Brutgebiete ziehen.
Stand 03.05.2022
Kampfläufer sind eine der zahlreichen Watvogelarten, die den Renaturierungsbereich der Lippe als Tankstelle zur Nahrungssuche während des Vogelzugs nutzen. Kampfläufer brüten in Feuchtwiesen, Mooren, Tundren und Seggenwiesen. In Deutschland gibt es nur noch kleine Reliktbrutbestände dieser Art. Brutschwerpunkte sind Russland und die skandinavischen Länder.
Kampfläufer überwintern südlich der Sahara in Afrika und im Süden Asiens. Sie sind also Langstreckenzieher, die während des Zuges auf feuchte und nahrungsreiche Rastgebiete angewiesen sind. Und diese Bedingungen werden an der Lippe unterhalb Sande bestens erfüllt. Die rastenden Tiere suchen dort Insektenlarven, Würmer und Schnecken in den flachen Wasserwechselzonen.
Bekannt sind die Kampfläufer durch ihre auffällige Balz, bei der die eher unscheinbar gefärbten Weibchen die in Gruppen springenden und Scheingefechte ausführenden, prächtig gefärbten Männchen beobachten. Letztlich entscheiden die Weibchen bei der Partnerwahl.
In der Lippeaue halten sich Kampfläufer im Frühjahr während des Zuges als Einzeltiere oder in kleinen Gruppen auf. Bereits nach einigen Tagen machen sie sich weiter auf den Weg in ihre Brutgebiete. Bei den erwachsenen Männchen sind die bunten Halskrausen (Prachtkleid) noch nicht vollständig ausgeprägt.
Stand 19.04.2022
Flußregenpfeifer und Kiebitze sind inzwischen aus ihren Überwinterungsgebieten in den Renaturierungsbereich zurückgekehrt. Sie balzen und grenzen ihre Reviere ab. Bald werden sie mit der Brut auf den Sand- und Kiesbänken beginnen. Um die Gelege nicht zu zerstören, müssen wir Menschen Abstand wahren. Eine gute Möglichkeit, dennoch die neu entstandenen Auenstrukturen etwas näher zu betrachten, bieten die hier gezeigten aktuellen Fotos.
Bei der Durchführung der Renaturierungsmaßnahmen waren im Bereich von Steilufergestaltungen viele verschiedene Sedimentschichten in der Aue der Lipp aufgefallen. Kiese und unterschiedlich gefärbte Sande wechselten sich in dichter Überlagerung ab. Wie sind diese vielen verschiedenen Sedimentschichten entstanden?
Nach dem ersten Winter zeigt uns die neue Lippe bereits die Antwort! Im Bereich von flach überströmten Stellen wechseln sich Kiese und Sande ab. Sandbänke zeigen großflächig sog. Rippelmarken, die durch Überströmung im Winter entstanden sind. Es haben sich ausgedehnte Wasserwechselzonen gebildet, bei denen es keine klare Grenze zwischen Wasser und Land gibt.
Je nach Herkunft, Lehm- und Schwebstoffgehalt haben sich unterschiedlich gefärbte Sandschichten abgelagert. Nach dem Ablauf einer ersten Abflussspitze hatte sich bereits eine großflächige Sandanlandung gebildet, die bei einer zweiten Hochwasserwelle teilweise von einer 10 bis 15 cm starken weiteren Sandschicht überdeckt wurde.
Genau diese nun wiedergewonnene Eigendynamik von Fluss und Aue hat auch schon in historischen Zeiten, lange vor dem technischen Ausbau der Lippe, die vielfältigen Schichtenmuster von Sanden und Kiesen hervorgebracht.
Das Video zeigt zwei Flüge über den Renaturierungsbereich im Abstand von einem Monat.
Stand 23.03.2022
Einen Monat nach den erhöhten Abflüssen ist der Pegelstand der Lippe im Vergleich zu den Maximalwerten des Februar wieder um ca. 1,3 m gefallen. Bei einem Abflusswert zwischen Mittel- und Niedrigwasser ist zu erwarten, dass es im Renaturierungsbereich ganz neue Strukturen zu entdecken gibt. Bedingt durch die größeren Strömungsgeschwindigkeiten dürften sich größere eigendynamische Veränderungen in der Flussaue ergeben haben. Anlass genug für einen kurzen Drohnenflug!
Aus der Luft betrachtet fällt zunächst auf, dass noch immer große Teile der neu geschaffenen Sekundäraue vernässt sind. Das entspricht ganz den Zielen der Maßnahme, da die Lebensräume naturnaher Auen auf lang andauernde Überstauungen angewiesen sind.
Zum anderen wird deutlich, dass es durch die erhöhten Abflüsse keine größeren Laufveränderungen der neuen Lippe gegeben hat. Uferabbrüche und Anlandungen haben sich zwar an sehr vielen Stellen eingestellt. Verlagerungen von Flussschlingen oder Durchbrüche und Laufverkürzungen sind aber nicht zu beobachten.
Bei genauerer Betrachtung fallen dann aber umfangreiche eigendynamische Veränderungen durch Erosionen und Anlandungen im Bereich der Flusssohle und an Flussinseln auf. Ganz besonders im mittleren Abschnitt der Renaturierung sind im Gleithangbereiche gewaltige Anlandungen von Sand und Kies entstanden. Zu erkennen sind mehrere sich überlagende Sedimentschichten, die die zuvor ausgebildete Aue komplett überlagert haben.
Es wird sehr spannend sein, in den nächsten Wochen zu beobachten, wie sich diese neu entstandenen Sedimentbänke entwickeln und von welchen Arten sie besiedelt werden.
Stand 23.02.2022
Nach erneuten kräftigen Niederschlägen ist der Pegel der Lippe wiederum angestiegen. Mit einem Maximalstand von 2,43 m ereichte der Pegelstand einen Wert, der fast 40 cm höher als am 7.2.22 war.
Bei guten Licht- und Witterungsbedingungen konnte am 23.2.22 ein Drohnenflug über dem Renaturierungsbereich durchgeführt werden. Die Ergebnisse zeigen eine fast vollständig eingestaute Sekundäraue. Anhand unterschiedlicher Farben und Strömungsmuster lassen sich sich verschiedene Wassertiefen und Strömungsgeschwindigkeiten erkennen.
Die neu gestaltete Aue führt trotz der vorgenommenen Sohlanhebung der Lippe auch diese großen Wassermassen völlig problemlos ab.
Stand 07.02.2022
In den letzten Wochen hat es teilweise ergiebige Regenmengen gegeben. Dadurch sind die Abflussmengen in der Lippe deutlich angestiegen. Eine Auswertung des Pegels Bentfeld, der ca. 2 km unterhalb der Renaturierung die Abflussmenge in der Lippe bestimmt, zeigt einen kontinuierlichen Anstieg innerhalb der letzten 4 Wochen (Quelle: LANUV NRW).
Am 7. Februar war offenbar der Scheitelpunkt erreicht, der mit ca. 2,10 m ungefähr 70 cm über dem Pegelwert des mittleren Abflusses lag. Das ist zwar der höchste Pegelwert seit der Inbetriebnahme der Renaturierung. Damit ist aber noch längst kein ausgesprochenes Hochwasser gegeben. Es handelt sich lediglich um einen etwas erhöhten Abfluss, wie er besonders im Winter regelmäßig vorkommt. Trotzdem ist es interessant, sich ein paar Eindrücke aus dem Renaturierungsbereich zu verschaffen.
Bereits ab dem Mittelwasserpegel hat die Lippe angefangen, die neu gestaltete Sekundäraue zu überfluten. Bei der nun erreichten deutlich größeren Abflussmenge ist die Sekundäraue bereits vollständig eingestaut. Es hat sich eine geschlossene Wasserfläche in einer Breite von bis zu 120 m gebildet. Die unter Wasser vorhandenen Inseln und Kiesbänke sind ebenso wie viele Sturzbäume nur noch anhand von Strömungsmustern und Turbulenzen zu erkennen.
Die Querriegel, die zur Laufverlängerung und Abdämmung des alten Lippeverlaufes eingebaut worden sind, werden bereits knapp überspült. Die Sohlgleite am westlichen Ende der Renaturierung ist schon vollständig überstaut. Im Bereich einiger Steilufer stellen sich verstärkt Uferabbrüche ein.
Insgesamt gesehen sind die Verhältnisse in der Renaturierung wie geplant und völlig unproblematisch. Die erhöhten Abflüsse werden die Eigendynamik der renaturierten Lippe verstärken. Aufgrund der sehr vielfältigen Wassertiefen und Strömungsgeschwindigkeiten haben Fische und andere Tiere trotzdem sehr gute Möglichkeiten, in der Renaturierung zu überleben.
Ganz anders sieht das dagegen in unterhalb liegenden Abschnitten der Lippe aus, die sich noch im Ausbauzustand befinden. Dort können die größeren Abflussmengen sich nicht seitlich in die Aue verlagern. Das ausgebaute Profil ist so leistungsfähig, dass zwar der Wasserstand und die Strömungsgeschwindigkeit steigen. Ein Ausuferung findet aber nicht statt. Die Breite der Wasserfläche bleibt durchgehend bei 15 - 20 m. Flach überströmte und strömungsberuhigte Bereiche gibt es nicht. Kiese und Sande können sich bei den großen Fließgeschwindigkeiten nicht auf der Gewässersohle ablagern. Sie werden weiter transportiert und fehlen als wichtiges Siedlungssubstrat für typische Tier- und Pflanzenarten.
Diese Abdämmung wurde in den früher ausgebauten Verlauf der Lippe eingezogen und damit eine deutliche Laufverlängerung ermöglicht. Die Lippe kommt von rechts, fließt in einem großen Bogen um die Halbinsel im Hintergrund herum und strömt dann weiter nach links. Aufgrund des Talgefälles ergibt sich ein Unterschied in den Wasserspiegeln links und rechts der flach überströmten Abdämmung von ca. 10 cm.
Stand 04.01.2022
Vor ca. 15 Jahren wurden im Zuge der Errichtung der Lippeseeumflut in der Lippeaue unterhalb der B 64 drei Mulden ausgeschoben, die bei einer zukünftigen Flussrenaturierung in eine naturnahe Auenentwicklung einbezogen werden sollten. In der nebenstehenden Übersicht werden diese Mulden als Blänken bezeichnet und ebenso wie die früher begradigte Lippe mit schwarzen Umrissen gekennzeichnet.
Da das Lippeprofil im Ausbauzustand sehr tief in das Gelände eingeschnitten war, wurden die Mulden in der Vergangenheit nur sehr selten und kurz mit Wasser eingestaut. Einige Weiden- und Erlengehölze sowie Röhrichtbestände entwickelten sich.
Bei der nun erfolgten Renaturierung wurde die Lippesohle angehoben. Ganz bewusst wurden die nördlichen Spitzen der zwei nierenförmigen Mulden durch den neuen Lippeverlauf angeschnitten. Eine häufigere und längere Befeuchtung und eine bessere Verbindung zwischen Fluss und Auenlebensräumen sollen so erreicht werden.
Ca. ein Jahr nach Durchführung der Laufverlängerungen der Lippe zeigt sich, dass diese Ziele erreicht werden: Sobald die Abflussmenge der Lippe ca. Mittelwasser erreicht oder überschreitet, findet ein Einstau der Mulden statt. In der Folge stehen Erlen, Weiden und Schilfröhrichte ca. 80 Tage pro Jahr im Wasser. Und genau das braucht ein naturnaher Auwaldstandort. Amphibien, Vögel, Insektenarten und einige Fischarten sind auf solche Lebensräume angewiesen, die noch feucht sind, wenn es anderswo längst wieder staubtrocken geworden ist.
Archiv 2021
Stand 09.11.2021
In der Abenddämmerung zeichnen sich bei seitlichem Streiflicht die entstandenen Strömungsmuster der neuen Lippe besonders gut ab. Diese Strömungsvielfalt wird durch unterschiedliche Wassertiefen, Fließgeschwindigkeiten und Substrate verursacht. Und sie befindet sich in ständiger Veränderung, weil die Lippe Kiese und Sande umlagert, Wasserpflanzenpolster wachsen und Totholz verlagert oder angeschwemmt wird.
Solche Strömungsmuster haben in der ausgebauten Lippe vor der Renaturierung keinen Platz gehabt. Die nun entstandene Vielfalt eines naturnahen Flusses ist jedoch extrem wichtig, weil sie Fischen und Kleinlebewesen, aber auch typischen Pflanzen- und Vogelarten ermöglicht, für jede Phase des Lebenszyklus genau die erforderlichen Lebensraumbedingungen zu finden. Äschen beispielsweise laichen über turbulent überströmten Kiesbänken ab. Die Eier entwickeln sich im Lückensystem der Kiessohle. Die jungen Äschen wachsen nach dem Schlupf in weniger turbulent durchströmten Gumpen (Pools) heran. Größere Äschen stehen im Freiwasser und zwischen Wasserpflanzenpolstern, um dort Nahrung und Deckung zu suchen.
Stand 25.10.2021
Derzeit gibt es in der Lippe aufgrund der geringen Niederschläge der letzten Wochen stark ausgeprägte Niedrigwasserabflüsse. Ein wichtiges Ziel der Renaturierung ist es, auch zu solchen Zeiten Teilflächen der neuen Aue weiter feucht zu halten und mit dem Fluss zu vernetzen. Und das funktioniert: Nach wie vor zeigt die Vogelperspektive neben der Lippe selbst ein vielfältiges Mosaik von Flutmulden, Blänken und altarmähnlichen Strukturen.
In großem Umfang entwickeln inzwischen sich Wasserpflanzen im Renaturierungsbereich. Es handelt sich insbesondere um die für die obere Lippe typischen Arten Flutender Wasserhahnenfuß, Wasserehrenpreis und Wasserstern. Die Wasserpflanzen bilden teilweise dichte Polster, in denen sich die Arten vermischen.
Die Besiedlung erfolgt offenbar vorwiegend mit der fließenden Welle von der Lippeseeumflut aus. Die größten Wasserpflanzenbestände haben sich derzeit unterhalb der B 64 entwickelt. An vielen Stellen haben sich in der weiteren Renaturierung mehr oder weniger große Initialbeständen gebildet.
Diese Wasserpflanzenpolster haben eine große Bedeutung für die vorkommenden Fischarten und auch für die zahlreichen Kleinlebewesen, die den Fluss besiedeln.
Stand 18.09.2021
Der Auwald der Zukunft entwickelt sich bereits! An vielen Stellen in der Renaturierung hat die natürliche Besiedlung mit Pflanzenbewuchs längst begonnen. Durch das Wasser der Lippe sind Samen von verschiedenen Pflanzenarten angeschwemmt worden. Sofern die Bedingungen gepasst haben, sind nach der Keimung kleine Jungpflanzen und inzwischen schon nennenswerter Bewuchs entstanden.
Nach wie vor gibt es aber in vielen Teilbereichen auch noch sandige und kiesige Rohböden. Es bleibt abzuwarten, ob und in welchem Umfang sich die erste Pioniervegetation halten und weiter entwickeln kann. Teilweise wird sie sicher im nächsten Winter bei höheren Abflüssen abgeschwemmt oder mit Sedimenten überdeckt werden.
Aber der Anfang zur Auwaldentwicklung ist bereits jetzt, wenige Monate noch der Umsetzung der Renaturierung, gemacht.
Stand 25.08.2021
Bei dem derzeit niedrigen Wasserstand sind an vielen Stellen in dem Renaturierungsbereich flache Kiesbänke aufgetaucht. Die Lippe ist im Bereich Sande ein kiesgeprägter Fluss. Durch die Renaturierung hat sie wieder die Möglichkeit, die natürlicherweise vorkommenden Kiese in der Strömung umzulagern. Aber wie sieht es eigentlich unter Wasser aus?
In der besonders in flachen Bereichen turbulenten Strömung hat sich in weiten Teilflächen eine durchgehende Kiessohle entwickelt. Zwischen den Kieseln unterschiedlicher Größe und Form hat gibt es ein gut durchspültes und mit sauerstoffreichem Wasser versorgtes Lückensystem. Dieses ist wichtig für die Besiedlung der Flusssohle durch Krebse, Schnecken, Insektenlarven und Jungfische.
Aber auch typische Pflanzenarten haben sich schon angesiedelt. Sie haften mit ihren Wurzeln zwischen und auf den Steinen. Dadurch finden sie ausreichend Halt in der Strömung. Diese im Wasser flottierenden Pflanzenbestände wiederum bieten Fischen und anderen Arten hervorragende Deckungsmöglichkeiten.
Stand 10.08.2021
Im Gelände sind Bekassinen meistens nicht leicht zu entdecken. Sie sind recht scheu und mit ihrer braunen Gefiederfarbe gut getarnt. Außerdem verstecken sie sich bei Gefahr oder Störungen gerne regungslos in der Vegetation.
In der Lipperenaturierung machen derzeit einige Bekassinen Rast. Die Böden im Wasserwechselbereich und im Flachwasser sind weich und stocherfähig. Hier können die Tiere mit ihren langen Schnäbeln systematisch nach Würmern und Insektenlarven suchen. An der Schnabelspitze haben sie Sinneszellen, mit denen sie Nahrung im Boden ertasten können. Der lange Schnabel kann an der Spitze wie eine Pinzette geöffnet werden.
Die Bekassinen fnden an der Lippe Nahrung, Ruhe und Möglichkeiten zum Baden und Putzen als Stärkung für den Weiterflug in ihr Winterquartier.
Stand 30.07.2021
Innerhalb von ca. 4 Monaten hat sich in der Renaturierung ein vielfältiges Mosaik aus fließenden und stehenden Wasserflächen, Sanden und Kiesen sowie aus Pionierbewuchs verschiedener Pflanzen entwickelt. Aus der Luft betrachtet zeigt sich fast ein verwirrendes Bild: Wo fließt eigentlich die neue Lippe? Und sah das nicht vor Kurzem noch ganz anders aus?
Einige wenige Abflussereignisse, die kurzzeitig im Bereich Mittelwassermenge oder etwas darüber lagen, haben gereicht, um nach der Initialgestaltung den Eindruck einer Gewässerbaustelle fast völlig verschwinden zu lassen.
Die Lippe hat es sich in ihrer neuen (alten) Aue richtig gemütlich gemacht!
Blick von Westen über die Renaturierung. Bei dem vorherrschenden Niedrigwasserabfluss ist die Blänke im Vordergrund links vom Flusslauf der Lippe fast vollständig abgetrennt. Trotzdem sind auch bei diesem niedrigen Wasserstand immer noch große Teile der neuen Flussaue überstaut.
Stand 13.07.2021
Was Eigendynamik in einer renaturierten Flussaue bedeutet, kann man in den folgenden Fotos erkennen. Es handelt sich um Senkrechtaufnahmen aus der Lipperenaturierung, die aus einer Höhe von 60 m mit einer Drohne aufgenommen wurden.
Der Flusslauf der Lippe hat sich in ein Haupt- und ein Nebengerinne aufgeteilt. Eine Insel aus Sanden und Kiesen trennt die beiden Gewässerteilflächen. Bei genauerer Betrachtung wird deutlich, dass die Insel selbst durch weitere kleinere Nebenrinnen unterteilt ist. Je nach Wasserstand werden mehr oder weniger große Teilflächen überströmt.
Das Foto zeigt eindrucksvoll, dass sich bedingt durch unterschiedliche Strömungsgeschwindigkeiten helle Kiese, gelbliche Sande und dunkle Feinsedimente sehr differenziert abgelagert haben. Dadurch sind beste Voraussetzungen für eine Besiedlung durch die verschiedenen Fisch- und Benthosarten gegeben.
Stand 03.07.2021
Die jungen Kiebitze sind schon kräftig gewachsen. Sie laufen gezielt die Wasserwechselzone in der Renaturierung ab und picken unentwegt kleine Insekten, Schnecken und Würmer. Die Eltern sind immer in der Nähe, passen auf und stoßen bei Gefahr Warnlaute aus. Dann ducken sich die Jungen weg und verschmelzen mit dem Untergrund.
Die Austernfischer fühlen sich offenbar wohl in der Lippeaue. Nach der Nahrungssuche kann man in einer Brutpause ganz entspannt auf einer Kiesbank "abhängen".
Stand 21.06.2021
Mindestens 8 Brutpaare Flussregenpfeifer haben die neu entstandenen Kiesinseln und Sandbänke der Renaturierung besiedelt. Sie finden hier reichlich Nahrung (kleine Insekten, Würmer und Larven), grenzen ihre Reviere ab und balzen intensiv.
Zwei Kiebitzpaare haben ihre Jungen in die Lippeaue geführt. Währen die Etern aufpassen, können die Küken hier in aller Ruhe fressen und wachsen.
Austernfischer haben mit einem Brutpaar die Renaturierung besiedelt. Die Lippeaue bietet alles, was sie brauchen: Nahrung, Plätze zum Baden und Ruhen, Schutz. Mit ihren langen Beinen und Schnäbeln sind sie bestens für ein Leben im Flachwasser und der Wasserwechselzone ausgestattet.
Unmittelbar nach Abschluss der Gestaltungsmaßnahmen haben weit über 100 Uferschwalben-Brutpaare die Steilufer der Renaturierung besiedelt. Sie graben dort ihre Brutröhren in die sandigen Steilwände und profitieren von dem reichen Insektenaufkommen in der Lippe. Auch bei kühlen Temperaturen und schlechtem Wetter schlüpfen hier immer große Mengen von Eintagsfliegen, Köcherfliegen etc.
Stand 07.06.2021
Die Lippe hat derzeit eine relativ geringe Abflussmenge, die nur wenig über dem sog. mittleren Niedrigwasserabfluss liegt. Trotzdem sind im Renaturierungsbereich immer noch große Teilflächen überstaut und befeuchtet.
Und genau so soll es in einer möglichst naturnahen Flussaue sein. Mulden, Altverläufe und Geländesenken bleiben auch bei niedrigen Abflüssen über lange Zeiten eingestaut. Das ist die wichtigste Voraussetzung für die Entwicklung einer artenreichen Auenlebensgemeinschaft.
Dem Lauf der Lippe als Leitlinie folgen zahlreiche Vogelarten auf ihren Wanderungen. Einige von ihnen, wie die Uferschwalben, die Flussregenpfeifer und die Austernfischer, haben die neu entstandenen Lebensräume spontan besiedelt.
Wie stellen sich die Renaturierungsflächen aus der Vogelperspektive dar?
Stand 01.06.2021
Die Austernfischer besuchen inzwischen die Lipperenaturierung als Paar. Sie suchen dort nach Nahrung, baden und putzen sich. Außerdem haben die beiden schon fleißig gebalzt und kopuliert. Vielleicht schreiten sie ja auch noch zur Brut...
Bei der Nahrungssuche stochern Austernfischer auf Wiesen und Weiden, aber auch im Wattenmeer gerne tief mit ihrem langen Schnabel im Boden, um leckere Würmer zu erwischen. In der renaturierten Lippe ist das Wasser stellenweise sehr flach. Dort laufen die Tiere fast bis zum Bauch im Wasser, tauchen bei der Nahrungssuche tief mit dem Kopf ins Wasser und gehen der Sache ordentlich auf den Grund...
Die Flussregenpfeifer sind da schon etwas weiter mit der Familienplanung. Einige Paare brüten bereits. Andere jagen sich noch über die Kies- und Sandbänke, führen ein sog. Scheinnisten auf, balzen intensiv und kopulieren auf den als Revierzentrum ausgewählten Kiesflächen.
Stand 25.05.2021
Austerfischer brüten bereits seit vielen Jahren unregelmäßig in der Lippeaue oberhalb Lippstadt. Diese Watvogelart sucht im seichten Wasser und im Grünland nach Würmern, Schnecken und Insektenlarven. Die ausgedehnten Wasserwechselzonen der Lipperenaturierung bieten für Austernfischer beste Nahrungsmöglichkeiten.
Wie begehrt die Sand- und Kiesbänke der renaturierten Lippe als Brutstätten sind, zeigen die Aktivitäten der Flussregenpfeifer. Während einige Paare bereits brüten, streiten sich andere immer noch heftig um die besten Plätze. Dabei rennen die Fluppis wieselflink über den Boden, zeigen bei schnellen Flugmanövern ihre volle Gefiederpracht und werden im Zweifelsfall auch sehr aggressiv, um Konkurrenten zu verdrängen.
Auch bei den Uferschwalben ist der Andrang groß. Die geselligen Vögel haben inzwischen an mindestens 4 Steilufern Brutröhren gegraben. Es herrscht ein ständiges Kommen und Gehen. Immer wieder versuchen Schwalben die bereits fertig gegrabenen Röhren von Nachbarn zu übernehmen. Dabei gibt es heftige Auseinandersetzungen an der Steilwand.
Stand 08.05.2021
Mehrere Brutpaare des Flussregenpfeifers haben inzwischen im Renaturierungsbereich Reviere gebildet. Einige haben bereits mit der Brut begonnen. Altvögel und Eier sind auf dem Kiesuntergrund bestens getarnt. Leider kommt es immer wieder vor, dass von menschlichen Besuchern unbeabsichtigt und unbemerkt Bruten gestört und Gelege zertreten werden.
Der gesamt Renaturierungsbereich ist Naturschutzgebiet und darf von Unbefugten nicht betreten werden. Kanuten dürfen die Lippe befahren, aber nicht anlanden und aussteigen.
Wie zu erwarten habe sich nach der Rückkehr aus dem Winterquartier auch Uferschwalben an den Steilufern des Gebietes angesiedelt. Sie bauen dort gerade ihre Brutröhren und werden in wenigen Tagen mit der Brut beginnen. Auch die Uferschwalben sind gegenüber menschlichen Störungen empfindlich.
Die Lippe stellt für viele wanderende Tierarten eine wichtige Leitlinie dar. Und die Renaturierung in Sande bietet ideale Bedingungen für durchziehende Watvögel. Derzeit suchen z. B. Grünschenkel in den Flachwasserzonen nach Nahrung. Die Art ist in Skandinavien und nördlichen Tundrenzonen Brutvogel.
Stand 27.04.2021
Wasser, Kies und Sand in einer dynamischen Flussaue besitzen für Flußregenpfeifer eine unwiderstehliche Anziehungskraft. Als Pionierbesiedler sind die Fluppis in der Lage, geeignete Lebensräume sehr schnell zu erobern. Die Renaturierung der Lippe bietet ausreichend Platz für die Ausbildung mehrerer Brutreviere.
Einige Fluppis haben die Kiesbänke und Sandufer bereits besiedelt. Sie suchen dort Nahrung, beginnen mit ihrer Balz und streiten um die besten Plätze. Gerne führen die Männchen um das Zentrum ihres Brutrevieres herum Flugmanöver aus, bei denen auffällig gerufen wird. Nach der Landung auf dem Boden wird das Gefieder abgespreizt, um größer zu erscheinen und Rivalen zu zeigen: Das hier ist mein Revier.
Flußregenpfeifer legen ihre Eier direkt auf den Kiesuntergrund. Wenn die Tiere brüten, sind sie bestens getarnt. Verlassen die Fluppis das Nest, sind die Eier kaum von den Kieselsteinen zu unterscheiden. Deshalb ist es absolut wichtig, Kies- und Sandbänke, Gewässerufer und Rohbodenflächen nicht zu betreten. Zu schnell ist ein Gelege der Fluppis zertreten.
Einige Bruchwasserläufer nutzen den Renaturierungsbereich derzeit als Tankstelle auf ihrem Zug. Diese Watvogelart brütet in den nördlichen Tundragebieten und ist bei uns als Zug- und Rastvogel zu beobachten. Sie haben in den Tropen und Subtropen der Südhalbkugel überwintert und tausende Kilometer zurückgelegt, bis sie die Lippe in Sande erreicht haben. Dabei haben sie sich am Flusslauf der Lippe orientiert und möglicherweise die breiten Wasserflächen über große Entfernungen bei nächtlichem Mondlicht wahrnehemn können.
Die Bruchwasserläufer suchen in flachen Uferbereichen und auf wenig überströmten Kiesbänken nach Larven von Eintagsfliegen, Käfern und Steinfliegen. Sobald sie ihre Reserven aufgefüllt haben, werden sie ihre Reise fortsetzen.